Laternenlicht, Sünnerklaas und Verknobelung

Advents- und Weihnachtsbräuche in OStfriesland

Im heutigen Nordsee-Podcast „Teetied & Rosinenbrot“ zeigt euch Marlene, wie vielfältig und stimmungsvoll die Advents- und Weihnachtszeit in Ostfriesland ist. Vom plattdeutschen Martini-Singen mit bunten Laternen über leuchtende Herbstfeste in Dornumersiel erzählt sie von Traditionen, die hier seit Generationen gepflegt werden.

Von Moorbrand und Mutproben

Ihr erfahrt, warum früher nicht der Weihnachtsmann, sondern der Nikolaus die Geschenke brachte, weshalb Würfelspiele zur Vorweihnachtszeit gehören und warum die hauchdünnen Neujahrskuchen mehr sind als nur Gebäck – nämlich ein Symbol für Glück, Wohlstand und einen guten Start ins neue Jahr.

Mit viel Herz und nordischem Charme nimmt euch Marlene mit zum Weihnachtsmarkt am Wasserschloss Dornum und der knackigen Brise über den Deichen der Nordsee.

Zugvögel im Wattenmeer und der Nordsee
Grünkohl das Nationalgericht der Ostfriesen

Die ganze Episode zum Nachlesen:

Moin und herzlich willkommen bei einer neuen Folge von Teetied und Rosinenbrot, dem Podcast aus Dornum.

Ik hebb di so gern,
du dänst dör de Straten,
du kannst dat nich laten.
Ik mutt mit di lopen,
ik mutt singen un ropen.
Min lüttje Lateern,
ik hebb di so gern.

So heißt die erste Strophe eines beliebten plattdeutschen Liedes der niederdeutschen Lyrikerin Greta Schoon.
Und genau dieses Lied hört man bei uns in Ostfriesland jedes Jahr besonders häufig – nämlich am 10. November, einen Tag vor dem Martinstag. Dann findet hier traditionell das Martini-Singen statt.

Kinder verkleiden sich, ziehen bei einbrechender Dunkelheit mit ihren bunten Laternen von Haus zu Haus und singen – auf Plattdeutsch oder Hochdeutsch – um möglichst viele Süßigkeiten zu sammeln.

Bräuche zwischen Herbst und Advent

Heute geht es um alte, aber auch neuere Bräuche, Traditionen und Feste, die wir in Ostfriesland vor allem in der Adventszeit gerne feiern.

Wobei ich sagen muss: Für mich beginnt die Einstimmung auf diese Zeit nicht erst im November, sondern schon im Oktober. Denn dann findet in Dornumersiel – immer in den Herbstferien und speziell für unsere Urlaubsgäste – ein großer Laternenumzug statt.

Angeführt von einem Spielmannszug ziehen die Kinder mit ihren oft selbst gebastelten Laternen durch Dornumersiel und bekommen am Ziel natürlich auch eine kleine Überraschung.
Dieser Umzug ist bei Familien unheimlich beliebt – und ich habe das Gefühl, es werden jedes Jahr mehr Kinder, die mitlaufen.

Herbst- und Lichterfest im Seepark Dornumersiel

Der Laternenumzug ist eingebettet in das stimmungsvolle Herbst- und Lichterfest im Seepark Dornumersiel.

Mit Einbruch der Dämmerung werden die vielen Themengärten des Parks in farbiges Licht getaucht.
Es gibt Lichtinstallationen, Feuerstellen, Lichtkunst – alles begleitet von Live-Musik und vielen kulinarischen Angeboten.
Eine ganz besondere Atmosphäre, die den Herbst bei uns wunderbar leuchten lässt.

Laternenumzug un Lichterfest zu Advent und Weihnachten in Dornum in Ostfriesland

Nikolaus, SÜnnerklaas und alte Bescherung

Nach dem Herbst- und Lichterfest im Oktober und dem Martini-Singen im November folgt dann am 6. Dezember der Nikolaustag.

Am Vorabend stellen die Kinder einen Teller auf die Fensterbank – zum Beispiel mit einem Stück Schwarzbrot für den Nikolaus und ein paar Würfelzucker, Möhren oder etwas Grünkohl für sein Pferd.
Manche stellen auch einen besonders sauber geputzten Schuh oder Stiefel bereit.

Alle hoffen natürlich, dass Sünnerklaase – so heißt der Nikolaus bei uns – in der Nacht vorbeikommt und als Dank Süßigkeiten oder einen Stutenkerl dalässt.
Der Stutenkerl ist eine Figur aus Hefeteig oder Spekulatius, mit Augen, Nase und Mund aus Rosinen.

Früher hatte der Nikolaus übrigens eine viel größere Bedeutung als heute.
Er war es, der die Geschenke brachte – nicht der Weihnachtsmann.
Das eigentliche Bescherungsfest fand bei uns am Abend vor dem Nikolaustag statt.
Dieser Brauch stammt ursprünglich aus den Niederlanden und hat sich erst deutlich später zugunsten des Heiligabends verändert.

Verknobelung – Würfeln wie die Seefahrer

Ebenfalls am 5. Dezember findet die sogenannte Verknobelung statt – ein heute leider nicht mehr überall verbreiteter Brauch.

Diese Verknobelungen entwickelten sich vor über 100 Jahren aus einem alten holländischen Seefahrerbrauch.
Seeleute bekamen traditionell am Abend vor Nikolaus ihren Lohn ausgezahlt – und verspielten ihn oft noch am selben Abend.

Bis heute werden daher in Geschäften, Gaststätten oder Vereinsräumen große Spieltische aufgebaut.
Dort wird um Torten, Backwaren, Geflügel, Fleisch und Wurstwaren gewürfelt.

Kinder und Erwachsene kommen zusammen, würfeln abwechselnd in kleinen Gruppen gegeneinander.
Die Einsätze sind gering, der Spaß dafür umso größer.

In Dornum wird dieser Brauch zum Beispiel noch in der historischen Bockwindmühle gepflegt.
Hier kann man am 5. Dezember von 17 bis 20 Uhr noch ganz traditionell verknobeln.

Weihnachtsmarkt am Wasserschloss Dornum

Natürlich gehören auch Weihnachtsmärkte zur Adventszeit – und davon hat Ostfriesland einige.
Einer der schönsten findet jedes Jahr an den ersten beiden Adventswochenenden im und am Wasserschloss Dornum statt.

Das barocke Schloss wird festlich illuminiert, überall stehen geschmückte Tannenbäume, Lichterketten funkeln über dem gesamten Gelände.
In den Nebengebäuden des Schlosses bieten Kunsthandwerker ihre Waren an.

Im Weihnachtsdorf vor dem Schloss gibt es ein breites kulinarisches Angebot, gemütliche Sitzgelegenheiten und Livemusik.
Dieses besondere Ambiente sorgt für eine festliche Stimmung – und macht den Markt zu einem der meistbesuchten der Region.

Weihnachten in Ostfriesland

Weihnachten selbst ist bei uns gar nicht mit vielen regionaltypischen Bräuchen verbunden.
Es spielte früher eine eher untergeordnete Rolle.

Heute wird es – wie fast überall – im Kreis der Familie gefeiert:
mit Tannenbaum, Kirchgang, festlichem Essen und natürlich Geschenken, vor allem für die Kinder.

Neujahrskuchen – knuspriger Jahreswechsel

Mit einer besonders leckeren und sehr knusprigen Tradition möchte ich diesen Podcast beenden:
unseren Neujahrskuchen, auf Platt Nejorskoken.

Auch heute noch werden sie in der Adventszeit in vielen Haushalten gebacken.
Man kann sie zwar überall kaufen – aber selbstgemacht ist natürlich immer besser.

Jede Familie hat ihr eigenes Rezept, obwohl die Grundzutaten gleich sind:
Mehl, Butter, Eier, Kandiszucker (Kluntje) sowie Anis, Kardamom und Zimt.

Der Teig wird am Abend vor dem Backen angerührt und muss über Nacht im Kühlschrank ruhen.
Statt normalem Zucker wird Kluntje verwendet – derselbe Kandiszucker, den wir auch für unseren Ostfriesentee nehmen.
Er wird in etwas heißem Wasser aufgelöst und verleiht den Neujahrskuchen ihren typisch krossen Charakter.

Gebacken werden sie im Waffeleisen.
Im noch warmen Zustand werden die dünnen Waffeln sofort in die typische Form gerollt –
mit einem Glas, einem speziellen Holzgerät oder – bei den ganz Geübten – direkt mit den Fingern.

Diese hauchdünnen, knusprigen Waffelröllchen sind mehr als nur Gebäck.
Sie gelten als Symbol für Glück und Wohlstand im neuen Jahr.

Für mich ist der Duft von Anis, Kardamom und Zimt untrennbar mit Silvester und Neujahr in Ostfriesland verbunden –
so selbstverständlich wie die Teetied oder der Spaziergang am Deich.

Neujahrskuchen aus Dornum in Ostfriesland

Abschied & Neujahrsgruß

Ich wünsche euch nun viel Freude beim Plätzchenbacken, Lichteranzünden, bei winterlichen Spaziergängen und beim Tannenbaumschmücken.

Und wie der Schriftsteller James Krüss in seinem Neujahrsgedicht schreibt:

Ein Jahr geht zu Ende.
Stapft fröhlich ins Neujahr
und dreht euch nicht um.

Tschüss, muie Wienachten un en goden Rutsch – mit Anno Jor!
Eure Marlene aus Dornum.

Der Nordsee Podcast aus Dornum

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