Eine Suppe ohne Bohnen?
Na, hast du Lust auf eine Bohntjesopp mit leckerer Einlage?
In dieser Folge vom Nordsee-Podcast „Teetied und Rosinenbrot“ aus Dornum entdecken wir eine besondere ostfriesische Spezialität: die Bohnensuppe.
Aber Vorsicht! Es ist kein normaler Eintopf, sondern ein traditioneller Likör. Er wird zu besonderen Anlässen, wie der Geburt eines Babys getrunken.
Vom Kinnertön zur Sinnbohntjesopp
Die Zutaten sind einfach, aber überraschend: Rosinen, Kandiszucker und ostfriesischer Branntwein, ohne echte Bohnen!
Komm mit auf eine Puppvisiet, wo die Gemeinschaft zusammenkommt, um auf das Neugeborene anzustoßen, bis zu den Branntweinschalen, die einst für diesen Anlass genutzt wurden.
Für alle, die es zu Hause ausprobieren möchten, gibt’s auch das Rezept.
Doch genug gesabbelt: Lass dir die Bohntjesopp direkt von Marlene erzählen.
Die ganze Episode zum Nachlesen:
Moin und herzlich willkommen bei einer neuen Folge von Teetied und Rosinenbrot, dem Podcast aus Dornum.
„Heute gibt es mal wieder einen Tipp für eine besondere regionale Spezialität, und zwar unsere ostfriesische Bohnensuppe. Also nicht diesen deftigen Bohneneintopf mit Speck usw. Nee, den meine ich nicht.
Unsere ostfriesische Bohnensuppe, die ist schon “hell wat besünneres”. Und man kennt sie auch unter anderen Namen, wie zum Beispiel Bohntjesopp, SinBohntjesopp oder Kinnertön. Und sie hat nur drei Zutaten. So viel sei verraten: Bohnen sind nicht dabei.
Sie ist schnell gemacht, muss aber unglaublich lange ziehen. Und satt macht sie auch nicht, dafür aber ungemein fröhlich. Wahrscheinlich könnt ihr es euch jetzt schon denken, denn wenn es um Fröhlichkeit geht, dann könnte wohl auch Alkohol im Spiel sein.
Und genau so ist es.
Denn die ostfriesische Bohnensuppe ist ein überaus beliebter und traditionell hergestellter Likör, der zu einem ganz besonderen Anlass bei uns in Ostfriesland getrunken wird. Nämlich zur Geburt eines Babys.
Die Zutaten der Bohntjesopp
Die drei Zutaten sind Rosinen, Kluntje bzw. Kandiszucker und original ostfriesischer Branntwein.
Auf wen oder welches Jahr dieses leckere Getränk zurückzuführen ist, das lässt sich heute gar nicht mehr sagen. Es ist aber wirklich ein ganz, ganz alter Brauch in Ostfriesland diese besondere Bohnensuppe anzusetzen: Wenn eine Familie Nachwuchs erwartet. Diesen Brauch, den gibt es bis heute. Damit die Suppe perfekt wird, wird schon Wochen vor der erwarteten Geburt mit den Vorbereitungen begonnen.
Dann werden die Rosinen und der Kluntje im Branntwein angesetzt. Oder es geschah früher in ganz, ganz großen, fest verschließbaren Steinguttöpfen. Okay, früher wurde natürlich auch noch wesentlich mehr getrunken. Heute sind die Gefäße schon ein bisschen kleiner. Diese Steinguttöpfe wurden erst wieder geöffnet, wenn das Kind endlich da war. Und in diesen Wochen, hatten die Rosinen natürlich lange genug Zeit, um zu reifen und konnten sich mit der Zucker-Alkohollösung so richtig schön vollsaugen und ihren Geschmack an die Flüssigkeit abgeben.
Also mich hat es immer unglaublich erstaunt, zu welcher enormen Größe diese kleinen schrumpeligen Rosinen dann schlussendlich angewachsen sind. Das waren Weintrauben. Jedenfalls sah das Ergebnis aus wie eine Bohnensuppe, daher auch der Name. Jede Familie hat natürlich ihre eigene Rezeptur. Variiert werden vor allem die Menge und die Art des Alkohols.
Zum Beispiel gibt man manchmal Sekt oder Rum dazu und manche verfeinern ihre Bohnensuppe mit zusätzlichen Aromen wie Vanille oder Karamell. Grundlage ist der ostfriesische Branntwein. Das ist auch eine regionale Spezialität. Das ist ein 30-prozentiger Weinbrandersatz, der aus Korn und Kartoffeln oder Rüben gebrannt wird und mit Aroma und Couleur angereichert wird. Ja, und dann ist das Kind da und die Verwandtschaft, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen und Kolleginnen werden zur sogenannten „Puppvisiit“ eingeladen, um auf das Baby zu trinken.
Die Puppvisiet
“Pupp”, das ist der plattdeutsche Begriff für Baby und “Visiet” heißt übersetzt Besuch. Also man geht auf Babybesuch und da gibt’s dann eben halt auch Branntwein mit Rosinen. Ausgeschenkt wurde die Bohnensuppe bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, traditionell in sogenannten Branntweinschalen. Das sind wunderschön bearbeitete, kleine silberne Schalen, die meist auf einem kleinen Fuß, also so einer Art Sockel, standen.
Diese Schalen, die sind oder waren meistens oval und haben an den Seiten jeweils einen kunstvoll bearbeiteten Henkel. Also es sind schon wirklich kleine Kostbarkeiten, die auch von Generation zu Generation weitergereicht werden. Und so eine Schale gefüllt mit herrlicher Bohnensuppe. Die wurde dann bei der Pubviesite herumgereicht. Jeder Besucher löffelte sich dann mit einem ganz kleinen Teelöffel diese unglaublich dicken Branntwein-Rosinen heraus und verzehrte sie. Ja, da kann man sich vorstellen, je mehr Runden, je lustiger die Gesellschaft. Irgendwann kamen dann die Schalen aus der Mode und man verwendete stattdessen ganz, ganz kleine Teetassen.
Mittlerweile nimmt man auch Weingläser, Bowlegläser oder ähnliches. Hauptsache, es schmeckt. Und die Branntweinschalen, die ja nun überflüssig waren, die wurden einfach umfunktioniert. Es gab nämlich früher bei uns sehr viele Haustaufen und da fing man an, diese ausgedienten Branntweinschalen einfach als Taufschalen zu verwenden. Wenn ihr die Bohntjesopp mal probieren möchtet, dann könnt ihr die heute fix und fertig zubereitet in Gläsern in jedem Supermarkt kaufen.
Unsere Bohntjesopp ist nämlich ein wahrer Kassenschlager und wird gerne als Urlaubs-Mitbringsel für Freunde oder Verwandte gekauft. Heute verwendet man die Branntwein-Rosinen auch gerne als Toppings auf Desserts und Vanilleeis mit eingelegten Rosinen. Echt lecker. Auch auf unserer berühmten Ostfriesentorte oder “Ossitorte”, wie sie auch gerne genannt wird. Also diese mächtige Biskuittorte mit ganz viel Sahne und noch mehr Branntwein Rosinen, das ist schon eine echte Gaumenfreude.
Die wird übrigens bei uns in allen Cafés angeboten. Und jetzt?
Für diejenigen, die unsere Bohntjesopp einmal selbst machen möchten, gibt es hier das Rezept.
Die Zutaten der Bohntjesopp
- Die Zutaten sind 250 Gramm ungeschwefelte Rosinen. Ihr könnt auch gerne Sultanin nehmen.
- 100 Gramm weißer Kandis, also Kluntje
- 750 Milliliter ostfriesischer Branntwein.
Die Zubereitung der Bohntjesopp
Den Kluntje löst ihr in ganz wenig heißem Wasser auf und die Rosinen werden gewaschen. Dann kommen die Zuckerlösung, die Rosinen und der Alkohol in ein verschließbares, größeres Gefäß. Einmal alles gut umrühren und dann braucht es viel, viel Geduld. Also mindestens zwei Wochen solltet ihr euch schon Zeit nehmen, bis ihr das Gefäß wieder öffnet. Und dann dieser Geruch, der einem entgegenströmt. Wirklich klasse. Und der Geschmack. Echt lecker.
Ja, da kann ich ja nur noch sagen:
„Na denn Prost!“